Erste Schritte in einer neuen Welt

von root

Nova Scotia, für viele Europäer – Franzosen, Engländer, aber auch Deutsche – im 17.ten und 18.ten Jahrhundert der Beginn eines neuen Lebens. Während diese damals beschwerlich über See in ihre neue Heimat gereist sind, haben wir uns verhältnismäßig komfortabel in einen Flieger gesetzt und sind schwup-die-wups auch schon in Halifax gelandet. Da wir die (lange) Wartezeit bis zur Ankunft unseres Zuhauses nicht komplett in Halifax verbringen wollten, und die Distanzen für ein „sternförmiges Ausschwärmen“ mit unserem gebuchten Mietwagen doch recht groß sind, hatten wir uns entschlossen, vorab schon mal eine Rundtour auf Nova Scotia zu machen. Wie lange war es her, daß wir super wendig und g’schwind über die Straßen gedüst sind und das Fahren machte trotz der teilweise schlechten Straßen wirklich Spaß. Jedoch würden wir rückblickend nicht noch einmal unsere gebuchte Unterkunft in Halifax aufgeben, sondern notfalls 2 verschiedene nehmen, da die erste bekanntermaßen nicht mehr verlängerbar war – und Patsha hatte ja Verspätung. Wir haben einfach unterschätzt, wie teuer selbst billigste Unterkünfte hier in dieser Region – wir reisten außerhalb der Saison! – sind. Es machte nicht wirklich Spaß, von Billig-Hostel zu Billig-Motel zu reisen, denn ansehnlich waren die meisten unserer Unterkünfte wahrlich nicht. Man mag es fast gar nicht sagen, aber wir waren froh, bei der teilweise vorgefundenen „Sauberkeit“ der Räume oder Betten unsere Schlafsäcke dabei gehabt zu haben. Dazu kamen auch die wirklich teuren Restaurants und es fiel schwer, Fast-Food-Ketten daher zu vermeiden. Nicht zu vergessen: Auf den Preis kam dann noch die MwSt. von 15 % hinzu, und erwartete Trinkgelder fangen inzwischen ebenfalls bei 15 % an. Wirklich nett empfanden wir die Lighthouse Route, den Carter‘s Beach und den Keji NP, und vielleicht tun wir dieser Region Unrecht, aber wirklich mehr Interessantes haben wir nicht entdeckt. Vielleicht sind unsere Ansprüche nach einem Jahr EU-Tour oder den vergangenen Urlauben auch schon recht hoch, aber im Nachhinein betrachtet hätten wir wahrscheinlich den Flieger in Toronto verlassen sollen, um dann mit einem Mietwagen in der verfügbaren Zeit nach Halifax zu fahren. Das gesparte Geld aufgrund des kürzeren Fluges wäre dann in die One-Way-Gebühr des Autos als auch schöne Stadthotels geflossen. Aber nun ist es so, wie es ist.

Als wir Patsha dann abgeholt hatten, waren wir überglücklich. Alles hat prima geklappt! Es ist schön, sein Zuhause = gewohnte Umgebung dabei zu haben, frei nach dem Motto: Home is where you park it! Viel müheloser ist die Suche nach schönen Stellplätzen – auch in der Gegend von Attraktionen -, die zudem kostenlos sind. Und das Selberkochen macht auch wieder richtig Spaß. Aber was haben wir noch geglaubt, hier sei alles größer: Also, daß wir bislang noch keine Strom- oder Telefonleitung mitgenommen haben, grenzt an ein Wunder. Irgendwann werden wir mal stehen bleiben und nachmessen, aber es sieht schon wirklich alles sehr tiefhängend aus. Für ein Länderfazit ist es gewiss noch viel zu früh, aber das Highlight für uns sind die Menschen hier, insbesondere auch hier auf Neufundland! Unkompliziert, kurze, interessierte Gespräche hinsichtlich unseres Reisemobils und unserer Reise, viele winken oder grüßen uns, und wir waren baff angesichts einer für uns besonderen Situation in der Nähe von Stephenville. Wir waren auf der Suche nach einer Möglichkeit, unseren Wassertank zu füllen, denn die Gelegenheiten scheinen hier rarer zu sein, als noch von Europa gewohnt. An der ersten Stelle floss das Wasser nur aus einem Rohr, faktisch ohne Druck. Folglich konnten wir nicht auffüllen. Wir sahen stattdessen ein Schild: Water Supply, 500 m. Dort angekommen, war aber absolut gar nichts. Als wir so ratlos umherschauten, kam plötzlich von irgendwoher ein Mann mit einer grünen Kappe auf uns zu und fragte, ob er helfen könne. Er gab uns den Tipp, am Flughafen von Stephenville Wasser zu „tanken“ und beschrieb uns den Weg. Da er meinte, es wäre ja nicht weit weg, könnte er auch vorausfahren, aber diese Mühe wollten wir ihm nicht bereiten. Also zogen wir anhand seiner mündlichen Schilderung alleine los. Plötzlich, knapp 2 km vor dem Ziel, merkten wir, daß ein weißer PKW vor uns fuhr und ein Mann seine grüne „John Moose“ – nicht John Deere! – Kappe heraushielt und schwenkte: Wir mögen ihm nachfahren. Wo hat der Mann, der uns die Wegbeschreibung gab, uns denn eingeholt und überholt? Wir haben dies gar nicht bemerkt. Komfortabel geleitet fuhren wir die letzten Meter hinter ihm her, und wollten ihm eigentlich noch danke sagen. Er schwenkte aber nur noch einmal seine Mütze und war weg. Wahnsinn, wie hilfsbereit! Und so begegnen uns noch andere Menschen hier auf Neufundland: Freundlich und hilfsbereit, und es macht Spaß, hier die Gegend zu erkunden.

Dennoch müssen wir sagen: Wir haben uns Neufundland einsamer vorgestellt. Auf den Highways gibt es zwar keinen Stau, aber Massen von riesigen Trucks überholen uns mit über 100 km/h. Auf den Überlandstraßen tummeln sich viele PKWs von Locals, die von A nach B fahren, oder retour. An den Stellplätzen stehen wir seltenst alleine, und wenn, dann bekommen wir Besuch von Pick-ups, die mal eine Kehrtwende machen und neugierig schauen. Und überall sind Streusiedlungen. Wir sind gespannt, wie es ganz im Osten Neufundlands sein wird und hoffen, daß spätestens Labrador nicht überlaufen ist. Aber selbst da haben wir gelesen, daß der 1700 km lange Trans Labrador Highway seit Juli ´22 komplett geteert ist. Mmh. Verständlich einerseits, schade aber für uns als Overlander. Auch der Cabot Trail, der als die schönste Panoramaroute Nova Scotias beworben wird, reichte nicht an unsere Erwartungshaltung heran.

Unsere ersten Schritte in dieser „neuen Welt“ sind verbunden mit gemischten Gefühlen: Schöne Momente, das mittlerweile gewohnte Zuhause um sich herum, wieder ein bißchen Routine im Tagesablauf, und sehr herzliche Menschen. Auf der anderen Seite: Bislang vermissen wir spektakuläre Landschaften, Tierbegegnungen – außer viele Vogelsichtungen – sind eher selten, und – wir trauen uns fast gar nicht, es zu sagen – die schöneren und vor allem, einsameren Naturstellplätze hatten wir bislang in Europa. Vielleicht müssen wir hier zukünftig selber scouten, als uns auf eine spezielle App zu verlassen. Selbst das Wetter machte uns – bis auf die ersten Tage unserer Rundtour auf Nova Scotia – zudem sehr oft einen Strich durch die Rechnung. Es darf folglich gerne besser werden! 

… und wir dürfen jetzt schon verraten: Es wird besser! 😉


Im Nachhinein geht immer alles sehr schnell. 😉 Abgabe in Hamburg – Ankunft in Halifax!

Kleiner Eisbergflug.

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