Kleines Länderfazit Neufundland und Labrador

von root

Normalerweise schreiben wir unser Länderfazit erst, wenn wir ein Land komplett bereist haben und ins nächste wechseln. Kanada ist aber soooo groß, und insbesondere Neufundland (NFL) und Labrador wirken so anders als der Rest – wir kennen durch einen früheren Urlaub zumindest schon mal den Westen Kanadas -, daß wir zur Abwechslung mal ein „kleines“ Länderfazit schreiben. Vielleicht animiert dies den einen oder die andere von Euch, einen Urlaub ausschließlich hierhin zu buchen, denn wir können dies sehr empfehlen.

Unsere Routenübersicht inkl. dem Weg von Labrador City noch an die Küste (liegt bereits in der Region Quebec) findet Ihr HIER.

Wie in früheren Länderfazits starten wir dieses mit den weniger subjektiven Faktoren:

  • Wetter: Der „Schwachpunkt“ unserer Reise kommt diesmal an erster Stelle. Wir hatten zwar Glück, daß wir keine Waldbrände hatten – die zu dieser Jahreszeit nicht nur in Alberta, sondern auch in Nova Scotia wüteten -, aber irgendwie hatten wir uns den Mai und Juni doch wärmer, vor allem weniger regenreich, vorgestellt. Man sagte uns, daß der Winter zuvor der kälteste seit 40 Jahren gewesen war. Reisebekannte von uns sind mit ca. 3 Wochen Verzug nach Neufundland übergesetzt, und haben aktuell besseres Wetter als wir. Also, doch vermutlich eher erst ab Mitte Juni dorthin fahren. Nachteil mag dann jedoch sein, daß man nicht mehr so viele Eisberge sieht. Ganz im Süden, auf Avalon, sagte man uns, daß ab Ende Juni die Nebelsaison anfängt, d.h. es kann sein, daß sich dort der Nebel tagelang nicht lichtet. Wir hatten auf jeden Fall Glück, daß wir den Vogelfelsen am Kap St. Mary sehen konnten – zumindest für eine Stunde. Generell sollte man bei Wanderungen vorbereitet sein, daß es sehr matschig werden kann – aufgrund des vielen Regens.
  • Stellplätze: Wir hatten schöne Stellplätze auf NFL, aber die wirklich einsamen hatten wir in Labrador. Generell ist NFL doch stärker besiedelt, als wir dies vermutet haben, so daß wir manchmal doch in der Nähe von Siedlungen/ Häusern standen, ohne dies zu wollen. Aber nie war dies ein Problem; im Gegenteil! Freundlich kamen die Anwohner auf uns zu und gaben uns jederzeit das Gefühl, willkommen zu sein. Nur wenige Male standen wir auch mal für 2 Nächte, aber dies war eher dem Wetter geschuldet, da es uns weiterzog. Ansonsten hätte der eine oder andere Platz schon Potential für länger gehabt. Auf NFL und Labrador kommt man eher weniger mit der Park4Night-App weiter, denn mit iOverlander. Und hier ist die Auswahl wirklich groß gewesen, sehr oft auch an der Küste. Manchmal gesellte sich auch ein zweiter Camper hinzu, jedoch störend war dies nie. Manchmal waren auch wir die zweiten…
  • Wasser: Anfänglich hatten wir etwas Sorge, daß wir nicht genügend Stellen zum Wasser-Fassen finden würden – so spärlich waren diese in der iOverlander App verzeichnet. Auch kann man häufig nicht an Tankstellen Wasser bekommen. Aber mit etwas Flexibilität (Visitor Center, Quelle, Park, Community Center, …) war dieses letztendlich nie ein Problem. Insofern sind wir zum Schluß doch eher in unseren normalen Rhythmus verfallen, erst wieder ab ¼ voll – oder ¾ leer – zu füllen, während wir am Anfang schon viel früher Ausschau gehalten hatten. Merkwürdigerweise paßte unser Gardena Adapter nicht wirklich auf die Hähne, auch wenn dieser die gleiche ¾-Zoll-Größe hatte. Wir vermuten, daß sich die Gewindesteigung von der europäischen unterscheidet, so daß oft das Wasser am Anschluß rausgedrückt wurde. Wir haben uns hier vor Ort einen passenden Adapter gekauft und seitdem ist dies nie mehr ein Problem gewesen. Die Wasserqualität war für uns immer perfekt, jedoch hat es uns – nach 1.5 Jahren – den Sedimentfilter zugesetzt (= Filter, bevor wir das Wasser in unseren Tank füllen). Ob dies jedoch an schlechter Wasserqualität lag oder dies nach der langen Zeit einfach normal ist, können wir nicht beurteilen. Was uns jedoch aufgefallen ist: Häufig war der Wasserdruck super niedrig (Mininum Flow = 1 l / min), was bedeutet: Zeit und Geduld beim Befüllen haben!
  • Strom: Trotz der Regentage hatten wir nie ein Problem mit vollen bzw. relativ vollen Batterien, so daß wir bislang den B2B auch hier nicht anschalten brauchten. Unsere Batterien waren oft auch so gut gefüllt, daß wir lieber unsere neue Induktionsplatte, als den Gasherd beim Erhitzen eines Topfes genutzt, und auch elektrisch über unsere Klimaanlage geheizt hatten. Unsere Beobachtung ist, daß die hiesigen Reisenden eher einen Generator vor dem WoMo haben, als Solar auf dem Dach, so daß wir uns eher wie ein Exot gefühlt haben.
  • Müllentsorgung: Erst hatten wir befürchtet, daß auch dies ein Problem sein könnte, aber wir haben zum passenden Zeitpunkt immer öffentliche Mülleimer und getrennte Recycling-Container gefunden, die wir nutzen konnten. Leider sieht man auf Neufundland – nicht auf Labrador – auch, daß Müll entlang der Straßenränder liegt. Zwar definitiv nicht so krass wie damals in Griechenland, aber wir hatten dies in dem reichen Kanada nicht erwartet. Unverständlich für uns ist auch das hiesige Pfandsystem, welches dazu beitragen könnte, dass weniger Flaschen achtlos weggeworfen werden. Von den 10 Cent, die man bezahlt, erhält man nur 5 Cent zurück, und zurückgeben kann man die Flaschen auch nur in sog. Depot-Centern, die man erst einmal umständlich suchen muß. Selbst für die sog. Box-Weine erhält man für die aufwändige Verpackung nur 5 Cent zurück, bezahlt aber bis zu 3 CAD dafür. Man muß schon motiviert sein und Platz haben, um hier mitzumachen.
  • Lebensmittel: Was Lidl für uns in Europa war, ist hier Walmart. Für uns der günstigste Discounter hier, aber die Qualität in der Obst- und Gemüseabteilung – wenn denn überhaupt solches vorhanden ist – ist nicht sehr berauschend. Hierfür kann man dann in den Atlantic Superstore oder zu Sobeys wechseln; für letzteren haben wir uns eine Rabattkarte besorgt und sammeln fleißig Punkte. Ob die sich jedoch irgendwann mal bezahlt machen? Egal, ob Walmart oder ein anderer Supermarkt, beim allerersten Einkauf noch in Halifax sind wir vom Hocker gefallen: Ok., wir mußten auch erst einmal die Basis-Lebensmittel (Gewürze, Zucker, Getränke und Co.) von Grund auf kaufen, da wir nichts mitnehmen durften, aber mit jenem Einkaufspreis hatten wir nicht gerechnet. Wir haben jetzt nicht wirklich nachgerechnet, aber grob überschlagen bezahlen wir hier bis zum vierfachen Preis im Vergleich zu Deutschland. Insbesondere Milchprodukte und Fleisch werden hier zu einem reinen Luxus. Wir versuchen, abzuwägen und zu verzichten, aber das teure Eis in unserer Gefrierbox mußte jetzt doch mal sein.  😉 Alkohol bekommt man – wie auch in den USA – in separaten Liquor Stores, und nicht jedes Restaurant hat eine Ausschank-Lizenz.
  • Dieselpreis: In Kanada sind die Distanzen riesig, dafür der Dieselpreis der günstigste, den wir bislang auf unserer Reise zahlen mußten. Zwischen 90 (Euro) Cent und 1.18 € war alles dabei, wobei wir die Tankung zu dem hohen Preis rückblickend gesehen hätten vermeiden können. Den günstigsten Preis haben wir in Halifax bezahlt, gefolgt von Tankstellen auf NFL, und wer auf Labrador tankt, darf „tief“ in die Tasche greifen. Nicht jede Tankstelle hat Diesel, denn ‚Regular‘ ist hier der Standard. Auch sind die Diesel-Preise in der Regel nicht ausgeschildert, sondern man muß entweder fragen oder einen Blick auf die Säule werfen. Wir haben inzwischen die GasBuddy-App auf unser Tablet gezogen – es gibt nur eine Android Version! -, bei der Tankstellennutzer die Preise rückmelden können. Das ist das Beste, was wir für Kanada herausgefunden haben, trotzdem mangelhaft im Vergleich zu den Apps, die wir für Europa kennen. Auf Neufundland ist die Tankstellendichte unserer Meinung nach ungewöhnlich hoch; auf Labrador sollte bekannt sein, daß auch mal 400 km zwischen zwei Tankstellen liegen können. Für uns kein Problem: Wir sind mit vollem Tank den kompletten Labrador Highway sowie die Route bis zur Küste (Baie Comeau) gekommen. Theoretisch sogar noch weiter, denn wir haben einen Rekord von 19 l/100 km als Verbrauch aufgestellt (normal für uns: 22 l / 100 km). Einmal hätte es an einer Tankstelle auf NFL auch nicht genügend Diesel für uns gegeben; also, auch das kann passieren. Es gibt für viele Tankstellen eigene Rabatt-Systeme. Wir haben uns jetzt eine Karte für Irving besorgt, wobei wir in Quebec „schmerzlich“ gelernt haben: Fast jede Region hat ihr eigenes Rabatt Programm. So gilt unsere Air-Miles Karte von NFL und Labrador in Quebec (und auch Ontario) nicht mehr.
  • Daten/Internet: Unsere Informationen hierzu und unsere Entscheidung haben wir HIER dokumentiert. Die Netzabdeckung ist tatsächlich nicht so, wie von Europa gewohnt. Während es auf NFL öfters kein Netz gab, aber zu ca. 70% schon, war man in Labrador „komplett abgeschnitten“, es sei denn, man kam in einen Ort. Und selbst dies ist keine Garantie. Im Vergleich zu Europa gab es öfters freies WiFi an Visitor Centern, Geschäften o.ä., aber nichts, worauf man sich verlassen könnte.

Und unsere subjektiven Eindrücke:

  • Straßen: Also, die besten Straßen der Welt hat Labrador!!! Kein Witz! Inzwischen sind der Labrador Coastal Drive sowie der Trans Labrador Highway komplett geteert und man fährt mühelos durch die schöne Landschaft und kann sich auf diese konzentrieren. Aber dann kommt die Route 389 von Labrador City nach Baie Comeau… Ok., die gehört dann schon zur Region Quebec. Mit einem Durchschnitt von ca. 30 km/h haben wir bei Dauerregen die rutschige Piste gemeistert, die nicht mit wenigen Kurven, Schlaglöchern, aber auch Steigungen und Gefällen geizt. Also, Offroad-Fahrspaß garantiert. 😉  Ansonsten sind die Straßen und Wege auf NFL so lala, d.h. man hat oft mit Flickenteppichen zu kämpfen, auf denen ein PKW mit normaler Federung mühelos schwebt, aber wir… Die Breite der Straßen ist diesmal optimal für uns, jedoch hätten wir nie mit den unglaublich vielen, tiefhängenden Strom- und Telefonkabeln gerechnet. Wir müssen ständig schauen, daß es paßt, auch wenn wir bislang keine mitgenommen haben. Wenn wir jedoch in kleinere Straßen in Richtung Häusern hätten abbiegen müssen, wäre für uns definitiv Schluß gewesen. Rechts und links der Straßen haben wir viele Wege für ATVs – oder im Winter für Snowmobile – gesehen, die in die Wildnis abtauchen.
  • Leute: Man kann es bestimmt nicht so verallgemeinern, aber während „der typische Kanadier“ offen, interessiert und freundlich ist, ist „der typische Einwohner auf NFL oder in Labrador“ dazu noch superlieb und hilfsbereit! Ein Kanadier selber hat uns diese Einschätzung mitgeteilt und wir finden, es stimmt. Ihr erinnert Euch an den hilfsbereiten Kanadier in Stephenville, von dem wir berichtet hatten (LINK)? Ebenso freundlich empfanden wir auch unseren Besuch in einer Werkstatt, in der wir superschnell dran kamen, sehr kompetent unser Problem gelöst wurde und die Rechnung war ebenfalls fair. Wir haben Berichte gelesen von Reisenden, die hier vor ca. 10 Jahren waren, und sie wurden überall eingeladen oder mit Lebensmitteln beschenkt. So ist es natürlich nicht mehr, alleine schon nicht mehr, weil man nicht mehr als einziger dort reist. Aber seit wir in der Region Quebec unterwegs sind, wissen wir zu schätzen, wie freundlich und unkompliziert das Miteinander zuvor war. Viele kamen auf einen Smalltalk vorbei und auf den Straßen, auf denen wir immer das langsamste Fahrzeug waren, kam nie Hektik auf oder wurden wir gar brüsk überholt. Kanadier lieben das Fahren in RVs oder Trailern, oder wohnen gleich in diesen auf Grundstücken. Dennoch gelten wir hier immer noch als Exot und wurden sehr oft interessiert auf Patsha angesprochen. Man sollte auch nicht überrascht sein, wenn man in Supermärkten mit „I’m sorry“ angesprochen wird, bevor jemand an einem vorbei möchte, oder derjenige wartet gar, bis man vor dem Regal fertig ist. Alles sehr höflich! Während unserer Reise haben wir sehr wenig Polizeipräsenz gesehen, was zu unserem Empfinden paßt, daß hier keine Kriminalität herrscht. Alkohol in der Öffentlichkeit zu trinken scheint immer noch ein Tabu zu sein. Dafür können hier Kanadier Cannabis in den Liquor Shops kaufen.
  • Flora & Fauna: Auf „unserer Liste“ stand: Viele Vögel, Elche und Wale sehen, Caribous und Bären begegnen wollen. Nun ja: Für Vögel und Elche hat es gereicht. 😉 Insbesondere das charakteristische Lied der Ammer hat uns durch die gesamte Reise begleitet. Jedoch war der eine einzige Wal leider viel zu weit weg, und auch der eine Bär in Labrador wollte sich nicht ablichten lassen. Wir haben das Gefühl, daß wir eher in der Gegend von Menschen Wildlife gesehen haben, als im großen Labrador oder in den Wäldern auf Neufundland, wo sich die Tiere wahrscheinlich in der Weite gut verstecken können. Dafür haben wir einige Seelöwen oder Seerobben sehen dürfen. Leider nicht versteckt haben sich die Mücken und Black Flies, die es auf uns abgesehen hatten. Aber alles noch im Rahmen zu dieser Jahreszeit. Gehören Eisberge zur Fauna? Eher nicht, aber die wollten wir sehen und bekamen auch einige Imposante zu Gesicht. Uns haben die beiden Regionen Kanadas aber insbesondere wegen ihrer Mischung aus kargen Landschaften, dann aber auch wieder vielen, dunklen Wäldern sehr gefallen. Grüntöne dominieren das Bild, oder auch das dunkle Blau oder das sedimentreiche Braun von Flüssen oder Seen. Man soll ja nicht vergleichen, aber: Die Kargheit hat uns sehr an das wunderschöne Grönland erinnert, die Seen an die Millionen von Gewässern in Finnland, und die Wälder an jene in Norwegen und Schweden. Aber die Regionen hier haben irgendwie ihren eigenen Flair, zumal die rauhe Schönheit auch oft vom Wind dominiert wird.
  • Landestypische Küche: Gehören Fish & Chips zur landestypischen Küche? 😉  Wir waren damals auf Nova Scotia zwar in Restaurants, aber eher in „low budget“ Küchen, d.h. edle Fisch- oder Fleischgerichte landeten leider nicht auf unserem Teller. Insofern gab es weder Lobster, noch Elch in unserem Speiseplan. Da wir uns später eher an den günstigen Gerichten im Walmart orientiert haben, können wir von hiesigen Gerichten nichts berichten. Aber dennoch haben wir immer lecker gekocht!
  • Land: In unserem Bericht hatten wir es angedeutet, daß uns der Start in Nova Scotia als auch auf Neufundland irgendwie schwer gefallen ist. Aber wir kamen dann doch in unseren Trott rein, und auch wenn das Wetter nicht wirklich besser wurde, haben wir uns gut adaptiert und die Gelegenheit zu Wanderungen nutzen können. Und es lohnt sich definitiv, hier seine Wanderschuhe anzuziehen! Die Größe der Berge hält sich zwar in Grenzen – die höchsten sind im Gros Morne NP -, aber die Abwechslung aus kargen oder bewaldeten Hügeln und Klippen, dann wieder Meer, vorbei an vielen Seen und Flüssen mit Wasserfällen, gepaart mit zum Teil niedlichen, bunten Siedlungen und Leuchttürmen, hat seinen Reiz. Die Wanderungen, die wir gemacht hatten, sind super angelegt und beschildert, und wer sich für Ornitologie interessiert, wird hier auf seine Kosten kommen.

Wir wünschen Euch dann noch ganz viel Spaß mit unseren letzten Bildern aus dieser Region!

Tanjas erste Offroad-Erfahrungen (Musik von: https://www.musicfox.com/)

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