Wildes Campieren hört sich jetzt echt wild an! Und eigentlich heißt es nicht „Wild Camping“, sondern „Boondocking“. Gemeint ist das „kostenlose Freistehen“ beim Reisen. Keine Ahnung, warum wir dies nicht früher schon während unserer Urlaube gemacht hatten, aber um das Resümee vorweg zu nehmen: Wir haben vorwiegend positive Erfahrungen gemacht, egal, ob in Europa oder hier auf dem nordamerikanischen Kontinent. Zum Grund warum „vorwiegend“ und nicht „durchweg positiv“ kommen wir gleich. Aber das Wichtigste vorweg: Für uns gehören „gute Freistehplätze“ mit zum Reisen dazu, nicht nur interessante Strecken dazwischen. Da wir längst nicht mehr 10 Stunden oder gar mehr pro Tag fahren, sondern uns im Normalfall an den Stellplätzen die meiste Zeit aufhalten, sind wir immer dankbar und froh, wenn wir einen tollen Platz entdecken durften. Wir haben sogar mal ein Lob dafür bekommen, daß wir wohl ein Händchen dafür haben. Da waren wir stolz wie Oskar! 😉 Natürlich fotographiert man Plätze möglichst schön – wer macht schon gerne unschöne Aufnahmen? -, aber wir retuschieren Fotos nicht. Was wir dennoch machen, ist, den Aufnahmefokus eher auf Patsha und die nähere Umgebung zu legen, und nicht zwingend alle anderen „Mit-Freisteher“ auf dem Bild ablichten. Das kann insofern schon den Eindruck erwecken, daß wir fast immer alleine stehen, was natürlich nicht der Fall ist. Dennoch zeigen wir, wenn es tatsächlich viele um uns herum sind, aber wenn es nur ein paar sind, möchten diese vielleicht nicht mit abgelichtet werden; daher eher der Fokus auf Patsha und die tolle Landschaft.
Es muß jedoch nicht nur Natur sein, in der wir stehen, manchmal tut es auch ein Industrieplatz; meistens, wenn wir am Tag danach einen Werkstattbesuch haben. Oder ein städtischer Parkplatz, der sicher ist. Dann sind wir auch bereit, Geld dafür zu bezahlen. Wenn man jedoch ausrechnet, daß wir bereits knapp 700 Nächte unterwegs sind und annimmt, daß man pro Nacht 20 Euro bezahlt – für welche man in Deutschland keinen Campingplatz bekäme -, dann wären es 14.000 € (!!!), welche wir gespart hätten. Hieran erkennt man schnell, daß dies mit einer der größten Schrauben ist, an der man als Overlander kostentechnisch drehen kann und man ist hierauf – da kein festes Einkommen – tatsächlich angewiesen. Mal ein paar von unseren Erfahrungen:
- Von knapp 680 Übernachtungen (mit Patsha) haben wir knapp 30 Nächte bezahlt gestanden; das sind nur 4 Prozent.
- Wir haben weniger als 600 € für alle jene Übernachtungen bezahlt.
- Einige Plätze waren ganz am Anfang unserer Reise in Europa, als wir Landstrom für unsere Back-up Heizung brauchten. Ansonsten haben wir eher für Stadt-Parkplätze oder -Campingmöglichkeiten Geld ausgegeben. Wir sind gespannt, wie dies hier aktuell auf der Baja California sein wird, denn teilweise kosten die Strände auch Gebühren – oder man erwartet eine „Spende“.
- Die kürzeste Distanz zwischen zwei Stellplätzen waren sage und schreibe 2 km! Wir sind in Finnland „mal um die Ecke gewechselt“.
- Die meisten Stellplätze finden wir über Apps (in Europa: Park4Night; hier in Nordamerika: iOverlander). Vergleichsweise wenig scouten wir selber, aber wenn, dann waren diese immer top!
- Wir versuchen, Abwechslung in unsere Stellplätze zu bekommen, auch wenn wir am liebsten in der freien Natur stehen. Eher wenig stehen wir auf geteerten Stellplätzen, wie z.B. Raststätten oder Supermarkt-Parkplätzen. Im übrigen ist der Grund, warum wir früher eher auf „Bezahl-Stellplätzen“ standen, praktischer Natur: Im Zelt unterwegs zu sein, heißt, gerne Sanitäranlagen in Anspruch zu nehmen. Und die finden sich im Regelfall auf Campingplätzen oder jene, die in diese Kategorie fallen. Daher genießen wir es heute umso mehr: Home is where we park it! Inklusive unserem eigenen Bad!
- Meistens haben wir die Erfahrung gemacht: Je schwieriger ein Platz zu erreichen ist, desto selten teilt man diesen mit anderen. Ist logisch, denn nicht alle fahren Allrad.
- Im Regelfall standen wir bislang immer nur eine Nacht an einem Platz. Ist dieser wirklich traumhaft und „wir haben Zeit“, dann haben wir uns noch eine weitere Nacht „gegönnt“. Im seltensten Fall standen wir irgendwo länger. Mit Ausnahme: In der Halle von FRM-Technik, denn da ist es so kuschelig. 😉
- Wir meinen, wir hatten tatsächlich mit vielen, wenn nicht gar den meisten Übernachtungsmöglichkeiten einfach Glück, denn: Wir kamen von der Größe bis dorthin, wir waren meistens alleine dort, und die Lage war einfach toll. Und über eine gewisse Menge an Müll lernt man, hinweg zu schauen – oder diesen einzusammeln -, wobei dies mit dem Müll bislang glücklicherweise die Ausnahme war. Generell hatten wir auch oft Glück mit dem Wind: Entweder war dieser nicht vorhanden oder nicht zu heftig, oder wir standen in der richtigen Richtung. Wir können uns nur an 2 schlaflose Nächte erinnern, wovon einer am Nordkap in Norwegen war.
- Mit Ausnahme von 1…2 Stellplätzen haben wir uns IMMER sicher gefühlt, und die beiden Ausnahmen waren eher ein Gefühl von „Unsicherheit“, denn wirklich Angst, denn wenn nachts Autos direkt neben einem parken oder eine Person an deinem Auto entlang schleicht, ist dies irgendwie merkwürdig… Aber wir können es nur betonen: Nie Angst! Da lassen wir Patsha schon eher ungern alleine tagsüber in einer Stadt stehen.
Und was ist mit unserer Anmerkung vom Anfang, warum nicht „durchweg positiv“? An 3 Plätzen in Spanien, Portugal bzw. Kanada wurden wir gefragt, wie lange wir hier bleiben wollen bzw. informiert, daß man hier eigentlich nicht stehen dürfte. Weggeschickt wurden wir an jenen Plätzen jedoch nicht. Die einzig „schlechte“ Erfahrung war tatsächlich mal ein Waldparkplatz in Deutschland, an dem ein „Interessierter“ am nächsten Tag eine abfällige Bemerkung machte. ABER: Als wir dieses Erlebnis in einem früheren Webbeitrag erwähnten, haben wir ein ganz liebes Angebot von Privatleuten aus jener Nähe erhalten, zukünftig bei ihnen kostenlos im großen Garten mit Patsha stehen zu dürfen. Dies hat dies mehr als wett gemacht, auch wenn es leider zu jenem Treffen dann nicht mehr gekommen ist. Wir haben uns aber überall und jederzeit willkommen gefühlt, und das, obwohl Patsha auch nicht gerade klein ist. Positiv ist uns auch jene Situation in Erinnerung geblieben, in der wir in Frankreich einen Rasenplatz aufgrund Nässe „umgepflügt“ hatten. Die verantwortliche Person, die damals auf uns zukam, hat uns final dann sogar einen besseren Stellplatz gezeigt, an dem wir sicher stehen konnten. Und natürlich haben wir auch noch versucht, unseren Schaden „so gut es geht, zu glätten“.
Wildes Campieren meint insofern nicht, sich „wild zu benehmen“ und den (kostenlosen) Stellplatz ungehemmt zu beanspruchen, sondern es meint: Respektvoll, im Miteinander mit der Natur und den Menschen, die dort leben, zu stehen, den Platz zu genießen und Rücksicht zu nehmen. Wir hoffen und bemühen uns, daß dies gelingt.