Die Abkürzung „Insta“ für Instagram kennt wahrscheinlich jeder. Aber „Fomo“? Auf diesen Begriff, also Fomo = „Fear of Missing out“, bin ich zum ersten Mal vor einigen Jahren gestoßen, aber was hat dies jetzt mit Insta zu tun?
Die „besten“, „schönsten“ oder einfach nur „interessantesten“ Bilder auf Instagram zu posten, ist inzwischen zu einer Art Standard (für viele Reisende) geworden. Natürlich findet man auf Insta noch viel mehr: Stories, Reels, Threads, … manchmal tagesaktuell, manchmal zeitverzögert, sehr oft auch ein einfaches „Good morning“ vom aktuellen Platz. Informative Sachen oder einfach nur Blödsinn, je nachdem, wer was postet, sind natürlich auch dabei. Und so teilen auch wir seit langer Zeit zumeist Bilder von unserer Reise, was wir an Schönem oder nicht so Schönem erleben. Und ja, auch wir zeigen lieber unsere Stellplätze von ihrer makellosen Seite, als die Massen an Trucks neben uns. 😉 Aber zumindest bemühen wir uns um Authentizität und ehrlichem Text, denn wir wollen zwar einerseits zeigen, daß die Welt interessant und erlebenswert ist, aber andererseits ist sie nicht nur rosarot, insbesondere dann nicht, wenn man wieder mal in einer Werkstatt steht. ☹
Ich stöber aber auch in anderen Insta-Kanälen, zumeist von anderen Reisenden auf dem gleichen Kontinent, um nach Interessantem Ausschau zu halten. Wo könnten wir noch hinfahren? Was könnten wir noch entdecken? Insbesondere natürlich Orte, wo noch nicht der Massentourismus Einzug gehalten hat oder in keinem Reiseführer verzeichnet sind, was aber oft immer schwerer wird. Und wenn ich etwas entdecke, dann lassen wir uns inspirieren, fahren auch mal „Umwege“, wobei dies bei einer Langzeitreise sehr schwer zu beurteilen ist, wann was ein Umweg ist. Aber was ist, wenn wir „vorbei gefahren sind“, wenn wir den „anderen schönen und interessanten Ort“ verpaßt haben? Und nicht nur den Ort, sondern genau jenes, supertolle Erlebnis, welches andere Reisende dort in „ihrem Moment“ gehabt hatten? Es ist nicht Neid, sondern ein Gefühl von „Mist, da wäre ich auch gerne gewesen!“, oder: „Oh wie schade, warum habe ich dies nicht auch erlebt?“. Also, sowas wie „Fear of Missing Out“, wobei dann im Rückblick, denn wenn ich „rechtzeitig“ „Dinge“ sehe, dann kann man sie ja in die eigene Route einplanen. Wobei dann gleich der Spagat zum Reisestress zu bewältigen ist, denn noch mehr Kilometer fahren… Puh, wir hatten neulich mal ausgerechnet, daß wir im Durchschnitt seit Reisebeginn 100 km pro Tag gefahren sind; das ist schon eine Menge.
Es geht nicht darum, das Leben der Anderen zu leben; es geht nicht darum, „Alles“ gesehen haben zu müssen; aber es geht um die Balance, einerseits neue Dinge und Orte selber zu entdecken, und sich andererseits von anderen Reisenden inspirieren zu lassen, ohne das Gefühl zu haben, „etwas“ dann im Nachgang verpaßt zu haben. Ich persönlich finde diese Balance schwierig, denn man reist ja, um schöne, zumeist interessante Dinge zu sehen und zu erleben, und ich lasse mich auch sehr gerne von anderen Reisenden „anstecken“. Und es ist klar, daß man nicht 100% der Reiseerlebnisse anderer multipliziert mit der Anzahl der Reisenden „schafft“; man hat seinen eigenen Reisestil, seine eigenen Vorlieben und Interessen. Aber ich finde es schwierig, diese (innere) Balance zu halten, denn bereits früher war mein bzw. unser Motto: Ein Urlaub ein Land, und dementsprechend sah auch unsere Urlaubs(routen)planung aus, oder sollte ich besser sagen: Meine Planung und Boris hatte zu leiden? 😉 Es ging darum, so viel wie möglich in der gefühlt immer zu kurzen Urlaubszeit zu sehen. Und da sind jetzt die vielen, tollen Bilder auf Insta ein zusätzlicher Anreiz, dieses oder jenes in unserem aktuellen Reiseleben „einfach noch mitzunehmen“. Daher war dies z.B. absolut schade, daß wir nicht schon früher nach Mexiko eingereist sind, um den „Dia de los Muertos“ zu erleben. Das wäre bestimmt der Hammer gewesen.
Keine Ahnung, wann man im Langzeitreisen wirklich ankommt; keine Ahnung, wann – und ob überhaupt – man jene Balance erzielt; und keine Ahnung, ob es anderen Reisenden ähnlich geht oder „sie bereits über den Dingen = Insta-Bildern schweben“. Auf jeden Fall habe ich schon mal die Anzahl der Kanäle, denen ich folge, begrenzt, um zu der eigenen Reizüberflutung beim Reisen nicht noch zusätzliche Impulse zu addieren. Ob’s hilft?