Es war einmal… ein Campingstuhl… Fangen Märchen nicht immer so an? Aber nein, ich erzähle Euch hier kein Märchen, sondern ich schreibe von der echten, harten Wirklichkeit. Eine liebe Reisefreundin hat mich dazu motiviert, diesen „Bestseller“ für Euch in die Tastatur zu hauen, und wenn sie diese Zeilen liest, wird sie hoffentlich schmunzeln. 😉
Wir müssen in das Jahr 2021 zurückgehen, denn da wurde der Campingstuhl geboren. Genauer gesagt, er kam bei uns im Drachennest in Wolfsegg an. Und dieser Campingstuhl war zerkratzt und kaputt. So hatte ich ihn damals zurückgeschickt und da bei jener Firma kein Ersatz mehr lieferbar war – genauer gesagt: Es handelte sich um eine größere Campingstuhlvariante für Boris. 😉 –, hatte ich diesen erneut bei einer anderen Firma in unserem Nachbarland bestellt. So konnte der Stuhl, zusammen mit seinem kleineren Bruder, mit uns auf große Reise gehen und er wurde in jedem europäischen Land, in dem wir mit Patsha unterwegs waren, fast täglich herausgeholt und durfte nicht nur Waldboden spüren, sondern auch Rasen, Sand und Teer, und manchmal krabbelte auch die eine oder andere Ameise an ihm hinauf. Glücklicherweise hatte dieser Stuhl kein Problem mit Seegang, und so wurde ihm auch auf der Schifffahrt nach Kanada nicht schlecht. Wie glücklich war er jedoch, als wir ihn zum ersten Mal in Neufundland herausholten und er die frische Meeresbriese schnuppern durfte. Ab und an mußten wir mal eine Schraube in seinen Gelenken nachziehen, damit er nicht klapprig wurde, aber ansonsten hat sich der Stuhl immer sehr jung gefühlt.
So vergingen Tage und Wochen, und aus Wochen wurden Monate, bis es auf einmal ein lautes Geräusch gab: Knacks! Die Stahlschraube, die die rechte Armlehne an der Rückenlehne fixierte, war gebrochen; der Rest steckte fest in dem Plastikteil unterhalb der Armlehne. Oh je! Da wollten wir auf unserem Stuhl die Aussicht an den Trona Pinacles genießen, und dann war er auf einmal nicht mehr benutzbar. Dabei hatte Boris seinen Allerwertesten in jenem Moment noch gar nicht auf ihm niedergelassen. Wir haben die Tage darauf versucht, den Schraubenrest auszubohren, denn rausdrehen ging nicht mehr. Und auch die Mitarbeiter in den amerikanischen Baumärkten haben sich riesig gefreut, als wir mit unserer Spezifikation für jene Spezialschraube ankamen, und dabei haben wir schon gar nicht nach einer metrischen gefragt. An vielen Baumärkten haben wir angehalten, und der Stuhl war immer voller Hoffnung, daß er bald wieder heile sein wird, aber wir mußten ihn jedes Mal enttäuschen. Ein bißchen haben wir ihm auch weh tun müssen, als wir den Schraubenrest mit Gewalt haben herausbohren müssen, aber er hat seine restlichen „Zähne“ zusammengebissen und durchgehalten. Ein Campingstuhl kennt keinen Schmerz! Nachdem wir aber die Hoffnung auf eine passende Schraube fast aufgegeben hatten, haben wir uns überlegt, jene Firma im deutschen Nachbarland zu kontaktieren, um uns eine passende zusenden zu lassen. Und auch eine neue Armlehne, denn nach dem Rausbohren der Schraube gab es irgendwie kein Gewinde mehr. Wie blöd! Wir hatten Glück, denn jene Firma wollte uns alles organisieren und es uns zuschicken.
Wenn Du Dich an dieser Stelle fragst: Warum so viel Aufwand, und nicht einfach einen neuen Campingstuhl kaufen? Wir wollten keinen kleinen Campingstuhl, wie man ihn beim Zelten dabei hat, den man am besten auch noch eng zusammenfalten kann. Wir wollten wieder einen so bequemen – und eigentlich stabilen – haben, wie es unser Campingstuhl doch eigentlich war. Und er hatte ja auch noch seine eigene Fußstütze! Wir wurden jedoch weder in Baumärkten, noch hiesigen Outdoorläden, noch im Internet nach einem adäquatem Ersatz fündig, den wir uns hätten in den USA liefern lassen. Und eigentlich war der Rest vom Stuhl ja noch i.O. Hatte er auch ein „Feuerwerk“ aus unserem Lagerfeuer überlebt, als es mal ganz schön gespratzelt hatte (wir glauben, da hat sich jemand einen Scherz erlaubt, und „manipuliertes“ Feuerholz bewußt liegen gelassen). Insofern hatten wir uns für den Austausch der (kaputten) Armlehne entschieden, denn unser Campingstuhl ist uns doch sehr ans Herz gewachsen. Bis diese jedoch geliefert sein wird, haben wir – in Mac Gyver Manier – Kabelbinder benutzt, um Armlehne and Rückenlehne miteinander zu fixieren, und dieses hielt erstaunlicherweise gut. So konnten wir tolle Plätze draußen an der Küste Kaliforniens genießen und unser Campingstuhl hat sich jedes Mal über die tolle Aussicht gefreut.
Was soll ich sagen? Aus dem Märchen wurde alsbald ein düsteres Drama; also holt schon einmal tief Luft und versteckt Eure bibbernden Zähne hinter Eurem Kuschelkissen, welches Ihr gerade jetzt im Arm haltet! Armlehne Nr. 1 wurde ohne Absprache mit uns zu unserer damaligen Bestelladresse nach Wolfsegg, in unser früheres Zuhause, geliefert. Wir konnten die Lieferung im April diesen Jahres noch rechtzeitig stoppen und haben jene Firma mit einer Lieferadresse in den USA versorgt. Armlehne Nr. 2 kam dann wenige Tage später in Portland an, und: Es war das falsche Modell! Zu kurz, zu klein, nicht an unseren Campingstuhl montierbar. Versandkosten mußten wir zu diesem Zeitpunkt noch keine bezahlen. Armlehne Nr. 3 war nicht auf Lager und mußte wahrscheinlich erst für uns einzeln produziert werden. Sie kam 8 Wochen danach in Fairbanks, Alaska, an, bevor wir den Dalton Highway fahren wollten, und: Es war das richtige Modell! Yeah! Aber die falsche Seite! Nicht Yeah! Wir hatten zuvor mehrfach nachgehakt, ob es diesmal die richtige Lehne sein würde, aber leider nie eine Rückmeldung erhalten. Wir brauchten die für rechts, nicht für links – wenn man auf dem Stuhl sitzt. Tja, die Versandkosten wurden erstattet, und Versuch Nr. 4 gestartet. Wir hatten kurz überlegt, ob wir einfach selber die richtige Armlehne nach Deutschland bestellen, denn die lieben Besitzer unseres Drachennestes hatten uns zwischenzeitlich angeboten, uns Notwendiges aus Deutschland mitzubringen, wenn sie ihren Urlaub in Alaska verbringen. Aber da wußten wir noch nicht, ob wir es schaffen würden, uns tatsächlich zu treffen.
Tracking-Links hatten wir jedes Mal nur auf Nachfrage erhalten, so daß es immer wieder eine Überraschung war, ob alles auch pünktlich ankommen wird und wie sollte man auch im Paketshop sagen, welches Paket man haben will, wenn man keine Trackingnummer vorweisen kann? Paket Nr. 4 sollte also erneut in Fairbanks ankommen, nachdem wir wieder vom Dalton Highway zurück sein würden. Wir sind zuvor nochmal im Paketshop, der in einem Bastelgeschäft war, vorbeigefahren, um abzusprechen, daß es u.U. länger für uns gelagert wird, denn es ist schon schwer, zu kalkulieren, wie lange man für den Dalton Highway brauchen wird. Schon gar, wenn die Wetterverhältnisse nicht optimal sein würden. Während unserer Fahrt zum arktischen Meer stellte sich erst nach vielen Nachfragen unsererseits mit jener ausländischen Firma heraus: Das Paket wurde trotz Mitteilung, daß es unterwegs sei, gar nicht losgeschickt, denn wir hatten die Versandkosten nicht bezahlt. Und warum hatten wir die Versandkosten nicht artig bezahlt? Weil diese 50% höher waren, wie abgesprochen, und keiner auf unsere Nachfrage reagiert hat. Also, dann zähneknirschend zu hohe Versandkosten bezahlen, den Dalton Highway weiterfahren, und hoffen, wenn wir wieder in Fairbanks ankommen, daß das Paket auf uns wartet. Und tatsächlich: Es kam pünktlich an! Es war das richtige Modell! Es war die richtige Seite! Und auf Nachfrage wurde die Differenz zu dem vereinbarten Versandkostenbetrag erstattet. Wir waren im Himmel! Aus dem Drama wurde glücklicherweise doch noch ein Märchen, mit einem Happy End! Seitdem fahren weitere Armlehnen bei uns mit, denn man kann ja nie wissen…
Leider währte dieser Schwebezustand nicht lange, denn der Campingstuhl dachte sich: Ich mache es mal wieder spannend! Und „knacks“, da war der Rahmen der Sitzfläche 4 Monate später gebrochen. Gemerkt hatten wir dies nicht, denn er hatte es heimlich hinter unserem Rücken gemacht, was ja eigentlich normal für einen Stuhl ist, der Popo und Rücken stützt; wir haben den Bruch erst beim Herausholen aus seiner Hülle festgestellt. Dummerweise genau auch an einer Stelle gebrochen, an der eine Befestigungsschraube ist, so daß wir keine wirkliche Idee hatten, wie wir dies dort verstärken sollten. Wir hatten kurz überlegt, ob wir dies bei Southern Diesel LLC Alu-Schweißen lassen sollten, zusammen mit der Stabi-Halterung von Patsha, aber… Also, Geistesblitz: Wir schreiben wieder jene, liebgewonnene Firma an, bei der wir den Stuhl gekauft hatten. Ich müßte die Anzahl der Mails mal zählen, aber es sind bestimmt bis dato schon mehr als 50 gewesen, aber ich kriege doch immer so gerne „Fanpost“… Wieder hatten wir verschiedene Ansprechpartner, und nachdem wir zunächst die Info erhalten hatten: Es gibt keine Ersatzteile mehr, gab es „Entwarnung“. Es wäre doch echt schön, wenn unser Campingstuhl – genau wie im Automobilbereich – 15 Jahre mit Ersatzteilen versorgt werden kann. Das Modell gibt es auch weiterhin, nur hätten alleinig die Versandkosten in die USA für jenen kompletten Stuhl 233 € gekostet. Nicht gerade eine Kleinigkeit.
Diesmal konnten uns Kabelbinder bei unserem Dilemma nicht weiterhelfen, und zunächst saßen wir – also einer von uns beiden – auf unserer kleinen Klappleiter. Aber bequem ist etwas anderes. So haben wir – mit Tipp von jener lieben Reisefreundin – einen Outdoorladen in Texas aufgesucht und uns einen Ersatz-Campingstuhl gekauft. „Tolle“ Qualität, denn der Stoff riss an der Lehne nur nach wenigen Malen, die wir ihn benutzt hatten. Aber hier konnten Kabelbinder tatsächlich helfen. Der Stuhl – also, der Zweitstuhl – war recht stabil und schwer, und seitdem wiegt unser Fahrerhaus bestimmt 20 kg mehr. Aber dies war der einzige Platz, den wir für ihn gefunden hatten. Und wir hatten uns für jene, stabilere Stuhlvariante entschieden und nicht ein Leichtgewicht genommen, denn wenn dieser neue Stuhl zukünftig mit uns mitreisen wird und als gleichwertiger Nachfolger herhalten muß… Da war dann unser eigentlicher Campingstuhl doch etwas beleidigt, und wollte aus seiner Hülle gar nicht mehr aus.
Tatsächlich kam der Rahmen für ihn 3 Wochen später in den USA an, aber aufgrund eines Kommunikations-Ping-Pongs in Laredo, während wir jedoch noch in Pecos waren. Wir haben jene Apotheke angerufen, die zeitgleich einen UPS Access Point betrieb, um glücklicherweise herauszufinden, daß sie UPS Pakete länger als üblich lagern könnte. Im übrigen war die offizielle Telefonnummer jenes UPS Access Points nicht mehr gültig. Insofern haben wir erstmal durchgeschnauft, denn zu diesem Zeitpunkt wußten wir nicht, wie lange unser anderes Ersatzteilpaket mit jenem Simmering für das hintere Differential Verspätung haben wird, und wir in Pecos darauf warten müssten.
Wir haben natürlich versucht, das Paket umzuleiten, von Laredo nach Pecos. Denn mittlerweile war ich stolze Besitzerin der UPS App und konnte auch ohne mir zugeschickte Trackingnummer sehen, wenn ich wieder ein Paket erhalte. Aber für das spezielle, kostenpflichtige Feature des Umleitens muß man bei der weiteren Registrierung einen Code eingeben, und den bekommt man nur per Post nach Deutschland. Auch die UPS Hotline – die man nur per Mail erreichen konnte *häh*? – war nicht hilfreich, sondern sprach nur davon, wenn der erste Zustellversuch nicht erfolgreich sein würde, daß man dann eine andere Adresse angeben könnte. Aber wieso sollte ein Zustellversuch in einem UPS Access Point fehlschlagen? Meiner Logik entzieht sich dieses.
Wie erleichtert waren wir also, als wir den Rahmen direkt vor unserem Grenzübergang nach Mexiko abholen konnten. Und Anti-Yeah: Es war die falsche Größe! Also, schnell noch Fotos gemacht, die zeigen, daß der Rahmen zu klein für unseren Stuhl ist. Aber dies reichte nicht, denn wir sollten die Fotos noch einmal mit einem Maßband machen, um zu beweisen, daß es nicht paßt. Mmh, wir dachten zwar, daß „man“ weiß, was man uns geschickt hätte, aber… Es wurde also die passende Größe bestellt und nach Mexiko geschickt, denn wir waren ja jetzt in einem anderen Land. Da es erstmal in der Nähe von uns keinen UPS Access Point gab, mußten wir erstmal weiter ins Landesinnere fahren. Geschluckt hatten wir etwas, als es hieß, daß die Versandkosten 120 € betragen würden, aber man versicherte uns, daß man dies kulanterweise übernehme. Aber Zoll und Einfuhrsteuer von geschätzten 40 € müßten wir bezahlen. Wir warteten also auf das Paket, und erhielten die Nachricht in der UPS App: Verspätung wegen Streik in Mexiko City! Dort lag unser Paket im Transit. Toll! Warum gibt es eigentlich einen Streik, so kurz vor Weihnachten? Machen dies nicht nur die Beschäftigten eines Online-Versandunternehmens mit „A“ am Anfang? So sind wir dann auf gut Glück einen Tag später nach San Juan del Rio gefahren und tatsächlich: Unser großzügig gepacktes Paket – in diesem hätten bestimmt an die 10 Rahmen Platz gehabt – kam mit nur einem Tag Verspätung an. Gut auch, daß wir mittlerweile eine „Hochhebehilfe“ für Kabel & Co. haben, denn diese brauchten wir, damit Patsha durch die Einbahnstraße bis zu jenem Paketshop kam. Wie glücklich waren wir, daß wir einen „Parkplatz“ direkt in der Busspur vor den Türen jenes Shops bekamen, und es der richtige Rahmen war. Wir – und unser Campingstuhl, der immer noch keinen Namen hat! – konnten es nicht glauben. Und noch eine gute Nachricht: Wir mußten auch keinen Zoll o.ä. bezahlen. Wir waren wieder im Himmel! Happy end? Fast!
Die Montage: Es war diesmal nicht so einfach, wie gedacht, denn der gebrochene Rahmen ließ sich nicht wirklich easy aus den Plastikhalterungen herausschieben, so daß WD40 und etwas Fummelei nachhelfen mußten. Dabei hatte ich Boris doch angeboten, daß ich dies ganz alleine mache. Aber dann! Ende gut, alles gut!?! Sollte das Drama jetzt doch noch ein märchenhaftes Ende haben? Unser Campingstuhl ist auf jeden Fall wieder heile und sehr, sehr glücklich, daß er auf mexikanischem Boden stehen darf.
Wie auch immer: Mittlerweile bin ich „Premium-Mitglied bei UPS“, und wenn jetzt auch mein Campingstuhl brechen sollte, dann haben wir ja noch 2 Armlehnen und einen passenden Rahmen mit an Bord! Und unseren amerikanischen Ersatzstuhl! Der ist jetzt etwas traurig, daß er nicht mehr an die frische Luft darf. Aber wer weiß das schon…